Mit dem Wohnmobil auf dem Campingplatz

Drei Wochen auf dem Campingplatz: Ein Experiment nach drei Jahren Freistehen

Freistehen oder Campingplatz? Diese beiden Optionen hat man, wenn man mit dem Van oder Wohnmobil unterwegs ist. Für mich war von Anfang an klar: Nur Freistehen kann uns das Gefühl von Freiheit geben, nach dem wir streben, Campingplätze sind nichts für uns. Nach knapp drei Jahren fast täglichem Freistehen haben wir letzten Monat ein Experiment gewagt und blieben drei Wochen auf einem Campingplatz. Hier erfährst du, wie es war.

Wie es dazu kam

Ende November lernten wir zwei liebe Menschen und einen Hund kennen, die wir sofort in unsere Herzen schlossen. Obwohl wir uns eigentlich schon wieder voneinander verabschiedet hatten, folgten wir den Dreien ein paar Tage später auf einen Campingplatz, den sie bereits kannten und als „klein und ruhig“ beschrieben hatten. Das klang gut!

Dort angekommen stellten wir zwar fest, dass seit deren letztem Besuch deutlich mehr Trubel herrschte – der Platz war nahezu ausgebucht, doch er war sehr hübsch gemacht und die beiden französischen Betreiberinnen waren nett und gut organisiert. Eingebettet zwischen unseren neuen Freunden, einer heißen Dusche und einem schönen Weitblick fast bis zum Meer fühlten wir uns wohl. „Hier lässt es sich ein paar Tage aushalten“, länger hatten wir nicht geplant.

Mobilität dank Mietwagen

Seit wir vor ein paar Wochen in Portugal angekommen waren, spielten wir mit dem Gedanken, uns für ein paar Wochen einen Mietwagen zu leihen. Mit einem kleinen Auto können wir entspannter rumfahren und müssten nicht immer das ganze Wohnmobil bewegen. Als wir auf dem Campingplatz ankamen, waren die Preise für Mietwägen gerade besonders attraktiv und so buchten wir uns kurzerhand bis zum Ende des Monats einen kleinen Fiat 500.

Nach ein paar Tagen wurde uns klar, dass es wahrscheinlich nervig ist, mit zwei Fahrzeugen den Stellplatz zu wechseln. Immer hintereinander herfahren, Übernachtungsplätze suchen, die Platz für beide Autos haben, darüber hatten wir davor irgendwie nicht so recht nachgedacht. Freistehen war für uns deswegen für die nächsten Wochen keine Option. 

Stattdessen suchten wir ein bisschen aktiver auf der Plattform „workaway“, auf der Menschen Unterkunft (oder Stellplatz) und Verpflegung gegen ein paar Stunden Arbeit pro Tag anbieten. Es sollte aber nicht so recht passen und gleichzeitig hatten wir es auch immer weniger eilig, den Campingplatz zu verlassen. Schauen wir uns mal ein paar Campingplatz-Phänomene genauer an:

Der Social Code des Campingplatzes

Beim Freistehen haben wir die Erfahrung gemacht, dass es eine gewisse Hürde gibt, neue Menschen kennenzulernen. Wir, und ich glaube, das geht den meisten beim Freistehen so, bevorzugen die Plätze, an denen wir alleine stehen. Einerseits, weil wir die Ruhe mögen und gerne für uns sind, andererseits natürlich auch deshalb, weil ein einzelnes Wohnmobil weniger auffällt. Und irgendwie geht‘s beim Freistehen ja auch um diese gewisse Anonymität, oder?

Auf dem Campingplatz sieht das natürlich ganz anders aus. Direkt nach der Ankunft geht‘s zur Anmeldung. Ein lautes „Hallo, hier sind wir!“. Das komplette Gegenteil zum Freistehen! Und genauso setzt sich das auch fort: Nachdem wir unser Wohnmobil auf dem uns zugeteilten Platz geparkt haben, werden wir direkt kritisch von den Nachbar*innen beäugt. Und wir schauen uns ebenfalls genau um.

Im Laufe der Wochen stellen wir fest: Smalltalk ist das Kernelement des Camper-Daseins. Überall sehen wir kleine Grüppchen, die schwatzen. Wir lernen in kürzester Zeit viele Menschen kennen. Alle sind herzlich und aufgeschlossen. Gemeinsam mit anderen grillen wir, teilen wir unsere Geschichten, spazieren wir zum Strand, bekommen wir einen privaten Yoga-Kurs. Zwischen all diesen sozialen Interaktionen vergeht die Zeit wie im Flug.

Doch wir merken auch: Wenn viele Menschen so dicht aufeinanderhocken, kommt man sich auch immer wieder in die Quere. Stromkabel werden quer über unseren Platz verlegt, an der Waschmaschine wird sich vorgedrängelt, man wird auf Französisch beschimpft, wenn man die Glasflaschen zu laut entsorgt.

Die Freiheit des willkürlichen Kommen und Gehens

An den meisten Tages des Jahres wissen wir nicht, was morgen kommt. Wir entscheiden spontan und im Laufe eines Tages, ob wir an einem Ort bleiben oder weiterfahren. Auf dem Campingplatz geht das nicht ganz so einfach. Bei der Ankunft sollen wir bereits wissen, wie lange wir bleiben werden. Zum Glück waren die Betreiberinnen des Platzes sehr flexibel und so konnten wir immer nur für drei Nächte bezahlen und immer wieder verlängern. Für uns war das ein ganz guter Kompromiss, um uns nicht zu sehr an einen festen Ort gefesselt zu fühlen.

Endlos Wasser (und Strom, wenn man ihn braucht)

Kommen wir zum für mich größten Vorteil auf dem Campingplatz: Wasser! Wasser ist im Wohnmobil begrenzt, ständig muss ich es im Hinterkopf haben. Haben wir noch genug Wasser für den Tag haben? Ist der Abwassertank schon wieder voll? Wo können wir es auffüllen und entsorgen? Das führt zu extremen Wassersparmaßnahmen. Wir spülen effizient ab, waschen unsere Hände im Eiltempo, geben uns mit der täglichen Katzenwäsche zufrieden, duschen selten.

Auf dem Campingplatz ist das ganz anders, wir erleben ein Gefühl von Fülle! 10 Meter von uns entfernt befindet sich ein Wasserhahn, an dem wir rund um die Uhr Wasser zapfen können, das nie leer geht. Wahnsinn! Natürlich verschwenden wir auch in dieser Situation kein Wasser, aber es ist einfach viel entspannter zu wissen, dass wir das Wasser jederzeit auffüllen und entsorgen können.

Wie jedes Jahr ist uns auch dieses Jahr pünktlich zum kürzesten Tag des Jahres die Wohnraum-Batterie leergegangen. Unsere Solaranlage versorgt uns das ganze Jahr über mit ausreichend Strom, aber es gibt immer diesen einen Tag im Jahr, an dem die Sonnenenergie nicht ausreicht. Dieses Jahr befanden wir uns an diesem Tag praktischerweise auf dem Campingplatz und mussten diesen Tag nicht wie sonst im Dunkeln aussitzen, sondern konnten uns einfach an den Landstrom anschließen. Wie praktisch!

Eine warme Dusche

Wie gesagt, wir duschen selten. Vielleicht zweimal die Woche, einmal warm und einmal kalt. Dass wir im Wohnmobil eine Dusche und sogar einen funktionierenden Warmwasser-Boiler haben, ist natürlich absoluter Luxus. Aber auch mit einem gewissen Aufwand verbunden: Voraussetzung für eine warme Dusche ist, dass wir ausreichend Wasser im Tank, Platz im Abwassertank und genügend Gas haben. Danach heißt es Außenklappe des Boilers öffnen,  Boiler einschalten und anschließend ungefähr 15 Minuten warten, bis das Wasser aufgewärmt ist. In dieser Zeit räume ich den kleinen Wäscheständer weg, der immer in unserer Dusche steht und auf dem die Handtücher zum Trocknen hängen. Nach der Dusche muss natürlich ordentlich gelüftet werden. Wäscheständer wieder in die Dusche, Klappe zu und danach müssen wir dann meistens los zum Wasserauffüllen.

Im Gegensatz dazu ist die Dusche auf dem Campingplatz sehr leicht zu bedienen: Handtuch und Seife einpacken, zur Dusche spazieren, einen Euro einwerfen und mit dem ersten Wasserstrahl die Haare der vorherigen Benutzer*innen aus der Duschwanne spülen und dann den starken Wasserdruck genießen, den wir im Wohnmobil so niemals haben werden.

Parkplatz-Romantik im Vorgarten

Etwas neidisch haben wir unsere belgischen Nachbar*innen beobachtet: Nach ihrer Ankunft wurde innerhalb von einer Stunde der komplette Außenbereich gestaltet und liebevoll dekoriert. Nach und nach holten sie alles aus ihrem Wohnmobil: Außenteppich ausrollen, Markise ausfahren, ein Tisch mit dazu passenden Stühlen, ein Grill und vieles mehr.

Wir haben keine Markise, keinen Außentisch, keinen Rollrasen. Unsere beiden Stühle hatten wir in der Natur gefunden und dank Upcycling gerettet, einer der beiden müsste mal repariert werden, der andere ist vom Schimmel befallen. Drei Jahre Freistehen haben uns geprägt. Wir campen nicht, wir parken. Und dieses Verhalten konnten wir auch auf dem Campingplatz nicht ändern. Während alle um uns herum sich aufgebaut hatten, herrschte bei uns Parkplatz-Flair. Ab und zu nutzten wir unseren einzigen brauchbaren Stuhl, aber meistens saßen wir in der Tür – oder luden uns selbst auf die gemütlichen Außenbereiche in der Nachbarschaft ein.

Weihnachten auf dem Campingplatz

„Der Campingplatz ist schon in Ordnung, aber spätestens an Weihnachten sind wir weg, die Feiertage verbringen wir zu zweit irgendwo in der Natur.“ So weit der Plan, der sich auch nach der vom Campingplatz veranstalteten Weihnachtsparty Mitte Dezember weiter festigte. Außerdem nahm die Dichte an bunt blinkenden Lichterketten und anderer Weihnachtsdekoration in den umgebenden Wohnmobilen ein geradezu erschreckendes Ausmaß an.

Aber dann kam es doch ganz anders und wir freuten uns, die Feiertage ganz gemütlich mit unseren Lieblings-Menschen des Campingplatzes zu verbringen. Wir hatten fantastisches Essen und schöne Gespräche. Weihnachten war ganz anders als wie wir es uns vorgestellt hatten und trotzdem, oder gerade deswegen, sehr schön. Am Ende haben wir eine bunt leuchtende Lichterkette geschenkt bekommen – und uns riesig darüber gefreut! Wie schnell sich Ansichten doch ändern können…

Öko-Bilanz nach drei Wochen Campingplatz

Es geht auf diesem Blog um nachhaltiges Reisen, also teile ich mal noch kurz meine Gedanken zu diesem Aspekt. Am stärksten ins Gewicht fiel natürlich unser Spritverbrauch. Der Hybrid-Kleinwagen verbrauchte nur 3 l/100 km, da kann unser Wohnmobil mit seinen 9 – 10 Litern Verbrauch nicht mithalten. Allerdings hat uns das kleine Auto auch zu der ein oder anderen Fahrt mehr verführt. Wir hatten auch die ein oder andere Situation, in der wir wegen der Ortsgebundenheit mehr Strecke machen mussten. Während wir mit dem Wohnmobil die Freiheit haben, unsere Route an Termine anzupassen, mussten wir während unserer Zeit auf dem Campingplatz immer an einen festen Ort zurückkehren.

Auch den Wasserverbrauch hatte ich ja kurz angesprochen. Vor allem beim Duschen habe ich auf dem Campingplatz deutlich mehr Wasser verbraucht! Für einen Euro bekam man 6 Minuten lang Wasser. 6 Minuten! Wenn ich im Wohnmobil so lange duschen würde, wäre danach der Tank leer und das obwohl dort pro Minute deutlich weniger Wasser aus der Brause kommt. Unter der Campingplatz-Dusche habe ich nach dem Einseifen den warmen Wasserstrahl genossen und zwar, ich geb‘s zu, so lange, bis die 6 Minuten um waren.

Und dann möchte ich noch einen letzten Punkt ansprechen: Auf dem Campingplatz kann man Toilette und Abwasser korrekt entsorgen. Das geht in Portugal zum Glück auch außerhalb von Campingplätzen, da es überall Versorgungsstationen gibt, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das leider nicht in allen Ländern so ist. Seifen und andere Stoffe, die in unserem Abwasser schwimmen, sind in der Natur teilweise nur sehr schwer abbaubar, weswegen sie dort nichts zu suchen haben. Mehr darüber erfährst du in diesem Artikel.

Unser Fazit nach drei Wochen auf dem Campingplatz

Unser Experiment „Campingplatz“ war nicht geplant und rückblickend würde ich sagen, wir sind da so reingerutscht. Es war eine komplett neue Erfahrung für uns, für die ich sehr dankbar bin. Ein paar Vorurteile konnte ich ablegen, ein paar andere wurden gefestigt. Der Campingplatz ist ein geselliger Ort, man kann sich dort nicht einsam fühlen. Darin sehe ich persönlich sowohl den größten Vorteil, als auch den größten Nachteil. Es steht und fällt natürlich komplett mit den Menschen, die man dort kennenlernt. 

Und obwohl wir von den tollsten Menschen umgeben waren, mit denen wir fantastische Gespräche führten und die gleichzeitig aber auch nie aufdringlich wurden, merkte ich nach drei Wochen, dass es Zeit ist, den Campingplatz zu verlassen. Wir haben den Mietwagen ein paar Tage früher als geplant zurückgegeben genießen jetzt vorerst wieder die Anonymität des Freistehens.

Freistehen in Portugal: Seit 2021 gibt es ein neues Gesetz, dass das Übernachten in Fahrzeugen offiziell erlaubt. Außerhalb von Naturparks darf man für maximal zwei Nächte darf man am gleichen Ort im Camper übernachten. Übernachten – nicht campen. Alle Infos dazu habe ich in diesem Beitrag über Freistehen in Portugal zusammengefasst. 

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2 Kommentare zu „Drei Wochen auf dem Campingplatz: Ein Experiment nach drei Jahren Freistehen“

  1. Liebe Mari,
    durch Zufall bin ich auf deine Seite gestoßen und war etwas verwundert, als ich las, dass für dich Freistehen mit dem Camper die beste und nachhaltigste Reisevariante ist. Ökologisch gesehen ist das vielleicht so, für mich gehört jedoch das Verhalten im Reiseland definitiv zu einer Bewertung dazu. Ich bin ein paar Jährchen älter als du und wir fahren als Paar und als Familie seit Jahren nach Griechenland und machen Urlaub auf einem Campingplatz. Ich finde es wichtig, den Menschen, in deren Land ich Urlaub mache und die mich sehr gastfreundlich aufnehmen, auch etwas zurück zu geben und sei es in Form von ausgegebenem Geld. Gerade in Ländern wie Griechenland oder Portugal, in denen viele Menschen in prekären Verhältnissen leben, sollte das zu einem Urlaub, in dem man die Landschaft, das Meer, die Schönheit des Urlaubslandes genießt, unbedingt dazugehören. Alles andere finde ich ausbeuterisch und nicht angemessen für uns, die wir aus dem wohlhabenden Deutschland kommen.
    Viele Grüße,
    K. Ruf

    1. Liebe Kathrin,
      danke für deinen Kommentar und das komplexe Thema, das du zurecht kritisch ansprichst. Ich bin absolut bei dir, dass man das Land und die Menschen, bei denen man zu Gast sein darf, respektieren sollte. Geld ist dabei meiner Meinung nach nur eine Option von mehreren. In unserem Fall ist es mir wichtig, zwischen Urlaub und Reisen zu unterscheiden: In den letzten drei Jahren haben wir fast eineinhalb Jahre in Portugal gelebt. Über diesen Zeitraum können wir – und ich denke, so geht es den meisten – es uns schlichtweg nicht leisten, so viel Geld auszugeben wie man es für einen ein- bis zweiwöchigen Urlaub vielleicht tun würde. Wir haben versucht, uns an den Lebensstil der Einheimischen anzupassen und haben unser Geld lieber auf lokalen Märkten und in Restaurants ausgegeben anstatt auf Campingplätzen, die ja sogar oft von ausländischen Unternehmen betrieben werden.

      Danke für den Austausch und liebe Grüße,
      Mari

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