Finanzielle Freiheit durch Frugalismus

Reisefinanzierung: Mein Weg in die Finanzielle Freiheit

Mal angenommen, du hättest unbegrenzt Zeit und Geld zur Verfügung: Was würdest du tun?

Für mich heißt die Antwort: Mit meinem eigenen Zuhause und meinem Lieblingsmenschen durch ganz Europa reisen. Aber anstatt damit zu warten, bis ich die Finanzielle Freiheit erreicht habe, habe ich es einfach schon jetzt gemacht. In den letzten Monaten habe ich gelernt, dass man an vielen Schräubchen drehen kann, um das Gefühl der Finanziellen Freiheit zu spüren. Ein enormes Vermögen anzusparen ist nur einer der Wege davon. Dieser Beitrag ist mein Versuch zu erklären, wie ich es geschafft habe, mich auch ohne dieses Vermögen ziemlich finanziell frei zu fühlen. Außerdem möchte ich zeigen, wie sich das mit einem nachhaltigen Lebensstil vereinen lässt.

Schwäbische Sparsamkeit

Als gebürtige Schwäbin hat Sparsamkeit schon immer zu meinem Alltag gehört. Die Reste vom Mittagessen wurden abends nochmal aufgewärmt, Löcher in den Socken wurden gestopft und in den Urlaub ging es nur einmal im Jahr: für zwei Wochen mit dem Auto in eine Ferienwohnung in einem deutschen Nachbarland. Zu Schulzeiten war mir die Sparsamkeit meiner Eltern immer ein bisschen unangenehm. Meine Freundinnen hatten größere Zimmer, Markenklamotten und neue IKEA-Möbel. 

Im Nachhinein bin ich sehr dankbar dafür, dass meine Eltern mir einen bewussten Umgang mit Geld und vor allem Ressourcen beigebracht haben. Ihre Form der Sparsamkeit hat nichts mit dem Geiz zu tun, der den Schwaben gerne nachgesagt wird. Es ist eher eine Art Genügsamkeit, eine Zufriedenheit mit dem, was ist und was man hat. Ich hatte und habe nie den Eindruck, dass sie das in irgendeiner Weise einschränken würde – im Gegenteil. Ihre Werte haben mich sehr geprägt und dank ihnen fällt mir das Leben, das ich heute lebe, deutlich leichter, als wenn mir vorgelebt worden wäre, immer nach mehr streben zu müssen.

Frugalismus

Mit Notebooks im Camper - dafür brauchen wir Strom.

Indem ich mich immer mehr damit beschäftigte, was ich im Leben eigentlich brauche, landete ich schnell bei dem Begriff Frugalismus. „Frugalisten“ wählen einen einfachen, bescheidenen Lebensstil, um möglichst bald eine finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen. Das bedeutet, dass die Erträge des eigenen Vermögens, ein sogenanntes passives Einkommen, das Leben bis zum Tod finanzieren. Das gelingt ihnen durch eine Kombination aus Sparsamkeit und einer geschickten Anlagestrategie. Da mir Genügsamkeit ja nicht fremd war, schien mir dieses Konzept recht schlüssig.

Da sich zu dieser Zeit auch Fabi mit Anlagestrategien beschäftigte, wälzten wir uns gemeinsam durch Bücher, Blogs und Podcasts. Wir lernten eine Menge über Aktien, P2P und Kryptowährungen und brachten unser Wissen und unsere Gedanken zusammen.

Neben dem Frugalismus gibt es natürlich ganz viele weitere Konzepte, um die Finanzielle Freiheit zu erreichen. Letztendlich kann man es mit folgenden Punkten zusammenfassen, die je nach Konzept unterschiedlich stark gewichtet werden:

  1. Viel Geld verdienen
  2. Geld clever anlegen
  3. Ausgaben senken

Die goldene Mitte

Auf unserer Reise habe ich einen Weg gefunden, der diese drei Aspekte miteinander vereint. In einem Wohnmobil zu leben und zu reisen ist der günstigste und gleichzeitig erfüllendste Lebensstil, den ich mir – für mich persönlich zu diesem Zeitpunkt – vorstellen kann. Er schränkt mich nicht ein, sondern ganz im Gegenteil: Er lässt mich wachsen und hat den netten Nebeneffekt, dass ich nicht viel Geld dafür benötige.

Unsere Ausgaben sind seit der Reise extrem gesunken, ich arbeite ein bisschen, schöpfe ein bisschen aus meinen Ersparnissen und lege regelmäßig einen Teil des Geldes an. Gleichzeitig achte ich natürlich darauf, immer einen gewissen Notgroschen zu behalten. Die letzten Monate haben nämlich gezeigt, dass vor allem unvorhergesehene Reparaturen am Camper ganz schön ins Geld gehen können.

Ich könnte mehr Geld verdienen, indem ich mehr arbeite.
Ich könnte mein Geld schneller vermehren, indem ich es in skrupellose Unternehmen investiere.
Ich könnte mehr Geld sparen, indem ich meinen Alltag einschränke.

Ich habe diese Möglichkeiten, aber ich habe auch die Freiheit, mich gegen sie zu entscheiden.

Nachhaltig leben

Mein Weg in die Finanzielle Freiheit lässt sich perfekt mit einem nachhaltigen Lebensstil kombinieren. Oder ist es andersherum? Die beiden Aspekte ergänzen sich auf jeden Fall richtig gut.

Nachhaltig leben bedeutet für mich in erster Linie bewusster Konsum. Deshalb lebe ich mit Fabi auf weniger als 10 qm, deswegen ist nahezu unser gesamter Besitz Second Hand und deswegen kaufen wir Lebensmittel am liebsten frisch auf dem Markt. Für das alles benötigen wir nur wenig Geld, obwohl wir bei guten Lebensmitteln nicht auf den Preis schauen und auch gerne mehr dafür ausgeben.

Wenn man sich nach nachhaltigen Produkten umschaut, wirkt es erst einmal so, als wäre ein nachhaltiger Lebensstil extrem teuer. Natürlich haben nachhaltig und fair produzierte Produkte einen höheren Preis. Abgesehen von Lebensmitteln besitzen wir allerdings kaum solche Produkte, da es für uns einfach besser funktioniert, gebrauchte Dinge zu kaufen. Ein gebrauchtes Wohnmobil, gebrauchte Kleidung, Geschirr vom Flohmarkt. Wir achten darauf, dass es gute Materialen sind, die lange halten und keine Schadstoffe enthalten. Aber über ihren Ursprung und die Produktion der Produkte müssen wir uns theoretisch keine Gedanken machen, da sie ja sowieso schon produziert wurden.

Im Jetzt leben

Was ich an meinem Weg zur Finanziellen Freiheit so schön finde, ist, dass ich nicht (mehr) auf einen fiktiven Punkt in der Zukunft hinarbeite – meine Rente. Denn wer weiß schon, wie sich das Rentenmodell in den nächsten 40 Jahren verändern wird, wie sich die Inflation entwickelt, welchen Lebensstandard ich haben werde und ob ich das Rentenalter überhaupt erreichen werde.

Stattdessen frage ich mich: Was macht mich jetzt glücklich? Diese Frage führt mich dazu, meinen materiellen und nicht-materiellen Besitz wertzuschätzen. Denn alles, was ich besitze und konsumiere, soll es mir zu 100 Prozent wert sein, dass ich mein Geld und meine Energie dort hineinstecke und nicht in etwas anderes. Dabei versuche ich, absolut ehrlich zu mir selbst sein, da Fehlentscheidungen nur unnötige Energie in Form von Geld, Zeit und Ressourcen kosten. Ich möchte keine Hose besitzen, die mir vielleicht irgendwann in der Zukunft wieder passen könnte. Denn jetzt gerade würde sie mir nur wertvollen Platz im Kleiderschrank rauben. Ich stecke das Geld lieber in Sprit und in gutes Essen, denn das ist mir jetzt gerade mehr wert.

Ist Finanzielle Freiheit eine Utopie?

So schön ich die Idee finde, ich denke, dass es utopisch wäre anzunehmen, dass ich einen Punkt erreichen kann, an dem ich mich nie wieder mit meinen Finanzen auseinandersetzen muss. Es kann immer irgendwelche Veränderungen geben, im Außen oder auch in mir, die mir eine vorübergehende Finanzielle Freiheit wieder nehmen. Die Börse könnte crashen oder der Euro plötzlich nichts mehr wert sein. Oder ich, Fabi oder ein Familienmitglied werden krank oder es gibt andere Gründe, weshalb unser Lebensstil teurer werden würde. Vielleicht wünsche ich mir auch irgendwann mal einen Hubschrauber oder möchte mir eine eigene Insel kaufen, dann funktioniert mein aktueller Weg natürlich nicht mehr.

Wir leben in einem System, in dem wir immer abhängig sein werden von unserem Umfeld und, auch wenn es uns das manchmal so vorkommt, wir können unser Leben nicht komplett steuern. Wir können es lenken, aber wir müssen auch vertrauen und flexibel bleiben, um auf Veränderungen so reagieren zu können, dass wir glücklich bleiben.

Die Versicherung für ein gutes Leben

Versicherungen sind fester Bestandteil der deutschen Kultur. Rentenversicherung, Krankenversicherung, Haftpflichtversicherung, KFZ-Versicherung, Hausratsversicherung, Reiseversicherung. Schlaue Menschen haben sich die verrücktesten Versicherungsprodukte ausgedacht, mit denen wir das, was uns wichtig ist, schützen können und womit Versicherungsmakler gleichzeitig gutes Geld verdienen können. Aber keine Versicherung kann meine Gesundheit, mein langes Leben oder meinen Besitz schützen. Im besten Fall zahlt sie mir einen gewissen Betrag, um meine Frontscheibe auszutauschen, für meine Arzt-Behandlung oder meinen verloren gegangenen Koffer. Versicherungen versichern mir im Grunde genommen nur eines: dass sie Geld kosten.

Ich habe mir vor der Reise viele Gedanken gemacht, welche Versicherungen für mich Sinn ergeben. Die Vollkasko-Versicherung für den Camper gibt mir ein gutes Gefühl, da dieser mein wertvollster Besitz ist und Reparaturen sehr teuer werden können. Alles, was im Camper ist, muss ich dagegen nicht versichern, da es kaum einen finanziellen Wert hat und mit etwas Zeit und Mühe günstig ersetzt werden kann. Natürlich habe ich eine Haftpflichtversicherung und eine Auslandskrankenversicherung. Aber ich habe auch ein Kombi-Produkt aus Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherung, das mir vor Jahren aufgeschwatzt wurde und von dem ich nicht ganz überzeugt bin.

Aber die beste Versicherung, die ich für mich gefunden habe, ist komplett umsonst: Zufrieden sein. Ich bin auf dem Weg, mein Glück nicht mehr im Außen zu suchen. Ich finde es nicht in Dingen und auch nicht in meiner Gesundheit, sondern an einem tiefen Punkt in mir. Diesen Punkt habe ich noch nicht gefunden, aber ich weiß, dass er da ist und vertraue darauf.

Meine Finanzielle Freiheit

Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass Finanzielle Freiheit für mich ein Gefühl ist, für das ich mich entscheiden kann. Es geht mir nicht darum, eine bestimmte Summe gespart zu haben, mit super wenig Geld auszukommen oder eine bestimmte Höhe an passiven Einnahmen zu generieren. Ich möchte die mentale Stärke entwickeln, um flexibel auf alle Veränderungen reagieren zu können und ohne Sorgen in die Zukunft zu blicken. Ich bin nicht finanziell frei und werde es auch nie sein. Aber ich bin finanziell frei genug, um mir einen alternativen Lebensweg zuzutrauen, der mir erlaubt, das Leben schon vor dem Rentenalter in vollen Zügen genießen zu können.

Wie sieht es bei dir aus? Fühlst du dich finanziell frei? Ich freue mich auf den Austausch mit dir. Schreibe mir gerne eine Nachricht!

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