Nach vier Besuchen und über drei Monaten Aufenthalt hat Schweden unsere Herzen erobert. Nicht nur wegen seiner weiten Wälder, tiefblauen Seen und rot-weißen Häuschen fühlen wir uns dort jedes Mal sofort wie zu Hause. In Schweden treffen zwei unserer großen Leidenschaften zusammen, die wir miteinander teilen: Scandinavian Design Möbel und Second Hand. Die Second-Hand-Kultur in Schweden hat uns dermaßen vom Hocker gehauen, dass ich ihr gerne einen ganzen Artikel widmen möchte.
In unserem Beitrag über die Wohnungsauflösung haben wir bereits von unserer Sammlung an Vintage-Möbeln geschwärmt. Obwohl wir bei unserer Einrichtung keinen besonderen Stil verfolgt haben, haben es uns vor allem dänische Designermöbel sehr angetan. So hatten wir ein paar schöne (nicht original dänische) Sideboards, Lampen und weitere Elemente, die uns an diesen Stil erinnerten. Bis auf ganz wenige Ausnahmen haben wir alle unsere Möbelstücke Second Hand über eBay Kleinanzeigen gefunden.
Was wir erst während unseres ersten Besuchs in Schweden erfuhren: Schweden ist ein absolutes Second-Hand-Paradies. In fast jeder Stadt fanden wir mindestens einen Second-Hand-Laden und die Landstraßen sind gesäumt von Flohmarkt-Schildern. So groß wie die Anzahl an Second-Hand-Einkaufsmöglichkeiten ist auch deren Angebot: Von ausgewählten Teilen in einem kleinen Schuppen bis zu riesigen, bis zur Decke gefüllten Lagerhallen haben wir schon alles gesehen. Was aber alle Geschäfte und Flohmärkte gemeinsam haben: Du wirst dort ganz bestimmt etwas Schönes finden.
Planst du eine Reise nach Schweden? Dann gebe ich dir hier zum Einstieg einen kleinen Überblick über die besten Second-Hand-Anlaufstellen in Schweden!
Inhalt
Second Hand in Schweden
Ich habe mich gefragt, wieso es in Schweden eigentlich so eine Fülle an Second-Hand-Angeboten gibt. Konkrete Antworten habe ich keine gefunden. Da die skandinavischen Länder für ihr Umweltbewusstsein bekannt sind, scheint das Wiederverwenden von Dingen ein logischer Schritt zu sein. Allerdings hat eine schwedische Studie aus 2019 ergeben, dass das Umweltbewusstsein der Schweden keinen wirklichen Einfluss auf ihr Einkaufsverhalten hat. Trotzdem werden laut derselben Studie ganze 40 % der in Schweden gespendeten Kleidungsstücke innerhalb Schwedens weiterverkauft. Einen besonders spannenden Aspekt in der Studie finde ich die Rückführung auf „Jantelagen„, das Jante-Gesetz. Diese ungeschriebene Richtlinie sagt im Grunde „du bist nicht besser als jeder andere“. Während wir Deutschen in Second-Hand-Geschäften gerne nach besonderen Einzelstücken suchen, ist die Ambition in Schweden mit dem Hintergrund des Jantelagen etwas anders: „people want to buy what everyone else buys“.
Wo du Gebrauchtwaren in Schweden findest
In Deutschland haben wir meistens über eBay Kleinanzeigen eingekauft. Für Bücher und Kleidung haben wir zusätzlich andere Online-Portale genutzt. Ganz selten bin ich mal in einen Second-Hand-Laden, wobei die Auswahl mich meistens nicht überzeugt hat. In Schweden hat Second Hand ein ganz anderes Image, es ist weder eingestaubt noch ultra hip und exklusiv. Es scheint einfach ganz normal zu sein, dass Gebrauchtes weiterverkauft wird.
Second-Hand-Läden
Die klassischste Variante des Gebrauchtwaren-Verkaufs ist auch in Schweden zu finden: Fast jede Stadt verfügt über einen Second-Hand-Laden. Meistens befinden diese sich in einem typisch schwedischen Holzhaus, meistens sind sie sehr liebevoll eingerichtet und meistens zieht sich der Retro-Charme durch den gesamten Laden.
Der überwiegende Anteil an Second-Hand-Läden wird von Hilfsorganisationen geführt. Das bedeutet, dass es sich bei den Waren, die dort verkauft werden, um Spenden handelt. Mit dem Erlös werden dann unterschiedliche Projekte unterstützt. Das hier sind die größten Organisationen, ihre Geschäfte sind in ganz Süd- und Mittelschweden verteilt:
Diese Ketten haben teilweise riesige Hallen mit einer ebenso großen Auswahl an Kleidung, Möbeln und vielem weiteren. Google Maps zeigt aber viele weitere Ergebnisse an und auf der Seite Vintage Kartan kann man speziell nach Second-Hand-Läden suchen.
Second-Hand-Kaufhaus ReTuna
2015 eröffnete in einem Vorort von Stockholm ein Kaufhaus der besonderen Art: im ReTuna werden nur Second-Hand- oder nachhaltig produzierte Produkte verkauft. Der Ort ist eine Art Zentrum der Nachhaltigkeit, an dem auch Events und Workshops stattfinden.
Wir haben ReTuna noch nicht besucht, möchten das aber gerne nachholen, wenn wir das nächste Mal in Schweden sind.
eBay Kleinanzeigen auf Schwedisch: Blocket
Während das Design von eBay Kleinanzeigen bereits zu seiner Entstehung veraltet war und sich seitdem auch nicht großartig weiterentwickelt hat, bieten die Schweden mal wieder eine schickere Variante: Blocket. Wir haben das Portal noch nicht genutzt, aber die Funktionsweise scheint identisch mit der von eBay Kleinanzeigen zu sein. Ich stelle mir das als schöne Möglichkeit vor, um mit Einheimischen in Kontakt zu kommen. Wenn wir bei unserem nächsten Schwedenbesuch etwas bestimmtes benötigen, werden wir die Plattform bestimmt testen.
Loppis: Flohmarkt oder Museum?
Okay, Zeit für das absolute Highlight jedes Vintage-begeisterten Schweden-Besuchers: die Loppis. Loppis werden allgemein als Flohmärkte übersetzt, ich finde diese Übersetzung aber nicht passend. Sie haben mit unserer Definition eines Flohmarkts überhaupt nichts gemeinsam.
Loppis ist ein Ort, wie wir ihn in Deutschland bisher nur ein einziges Mal gefunden haben. Stell dir eine Scheune vor, in der eine bunte Sammlung an Gebrauchtgegenständen ausgestellt ist, und die immer geöffnet hat, wenn der Besitzer gerade Zeit und Lust hat. Auf knarzenden Dielen vorbei an vollgestellten Tischen, Schränken und Regalen. Die Augen wissen nicht, wo sie zuerst hängenbleiben wollen. Und wenn man Glück hat, findet man sogar eine schmale Holztreppe, die in die zweite Etage führt, auf der noch mehr Schätze darauf warten, entdeckt zu werden. Der Großteil der Produkte ist wirklich alt und nicht auf alt gemacht, auf vielen Büchern liegt eine dicke Staubschicht und zwischen Lampenschirmen und alten Fotografien findet man immer wieder etwas besonders Skurriles.
Ein Loppis ist wie ein Museum, nur besser. Dort kann man die Schätze aus längst vergangener Zeit nicht nur bewundern, sondern sogar mit nach Hause nehmen.
Wie findet man so einen magischen Ort, fragst du dich? Der Weg dorthin ist Teil des Abenteuers! Das einzige, das du tun musst, ist am Straßenrand auf bunte, selbst gemalte Schilder mit der Aufschrift „Loppis“ zu achten. Ab dann beginnt eine aufregende Schnitzeljagd durch schwedische Wälder, Wiesen und Felder. Mal erreichst du das Ziel hinter der zweiten Abbiegung, mal wirst du kilometerweit über holprige Feldwege geschickt. Aber der Weg lohnt sich ganz bestimmt!
Die besten Second-Hand-Teile in Schweden
Wie gesagt findet man in Schweden mit etwas Zeitaufwand eigentlich alles, was man sich vorstellen kann, gebraucht. Die Preise für Gebrauchtwaren sind in Schweden übrigens viel niedriger als in Deutschland. Alles, was wir bisher gesehen haben, egal ob Kleidung, Technik oder Möbel, war super günstig.
Vor allem bei den Loppis entdeckt man viele richtig schöne Möbelstücke. Da die meisten, die das hier lesen werden, aber wahrscheinlich auch am Reisen sind, lassen wir das hier mal außen vor. Für Reisende dürften vor allem die folgenden Kategorien interessant sein:
Kleidung
Vor allem die Geschäfte von Hilfsorganisationen sind natürlich voll davon, aber auch in den kleinen Loppis findet sich immer auch mindestens eine Kleiderstange. Ich suche meine Kleidung ja immer wortwörtlich „nach Gefühl“ aus, das heißt, ich fasse alles an, was vielversprechend aussieht. Wenn es keine Naturfasern sind oder besonders rau ist, schaue ich es mir gar nicht erst genauer an. In Schweden ist mir aufgefallen, dass die Qualität der Kleidung oft richtig gut ist und vor allem im Vergleich zu den Second-Hand-Läden in Lissabon wenig Fast Fashion und Kleidung aus Kunstfasern darunter waren.
Camping- und Freizeitequipment
Die SchwedInnen lieben ihre Natur offensichtlich genauso wie wir Touristen, denn die Auswahl an Outdoor-Ausrüstung ist groß. Es gibt vor allem viele Regenjacken, die man in Schweden eigentlich immer gut gebrauchen kann. Außerdem Wanderrucksäcke, Zelte, Gaskocher und alles, was man zum Überleben in der Wildnis sonst noch braucht. Darunter fallen definitiv auch Spiele. Wir haben ein sehr gut erhaltenes Kupp-Spiel aus Holz gefunden.
Wenn dir während deiner Reise also was für’s Camping kaputtgehen sollte oder du feststellst, dass du etwas vergessen hast, dann ist die Chance relativ groß, dass du es in einem großen Second-Hand-Laden findest.
Küchenausstattung
Diese Abteilung liebe ich ja auch immer sehr. Hübsche Teller, Schalen und Tassen könnte ich ja nicht genug haben, würde ich nicht gerade in einem Camper leben. Von schwedischem Bauernstil bis hin zu modernem Design ist alles dabei und bei vielem war es wirklich schwer, es nicht mitzunehmen. Wir haben uns letzten Sommer immerhin zwei Tassen für umgerechnet 1 € gekauft.
Dekoration
Als Einrichtungs-Meister können das die Schweden natürlich richtig gut: Bilderrahmen, Lampenschirme und viele weitere Deko-Artikel warten darauf, ein neues Zuhause gemütlich machen zu dürfen. Da es auch im Camper eigentlich nie gemütlich genug sein kann, findet bestimmt das ein oder andere Teil noch ein Plätzchen.
Bücher
Was gibt es Schöneres, als an meterlangen, vollgestopften Bücherregalen entlang zu spazieren und die Finger abwechselnd über alte und neue Buchrücken gleiten zu lassen? Auch wenn ich leider kein Schwedisch spreche, ist das jedes Mal ein tolles Erlebnis. Da die schwedische Sprache ja viele sehr lustig klingende Wörter hat, macht es richtig Spaß, die Titel zu lesen! Das Beste ist aber: Da es sich bei vielen Büchern (und übrigens auch Filmen) nicht lohnt, sie ins Schwedische zu übersetzen, lesen die Schweden viele Bücher auf Englisch. Entsprechend groß ist auch die Auswahl an englischsprachigen Büchern in den Second-Hand-Geschäften.
Aussortiertes unterwegs loswerden
Nach Beginn unserer Reise hatten wir ziemlich schnell festgestellt, dass wir viel zu viel dabei haben. Und selbst nach mehrmaligem Ausmisten finden wir immer wieder Gegenstände, die wir eigentlich gar nicht brauchen. Da Wegschmeißen für uns nicht in Frage kommt, fahren wir aussortiere Sachen oft ziemlich lange mit uns rum, bis wir eine passende Gelegenheit finden, um sie zu verkaufen, spenden oder anderen Reisenden zu schenken.
Das tolle an den schwedischen Second-Hand-Läden ist, dass du Aussortiertes dort meistens auch ganz unbürokratisch spenden kannst. Bei Erikshjälpen haben wir für die paar Kleinigkeiten, die wir dort abgegeben haben, sogar einen Gutschein für einen Kaffee und eine Zimtschnecke bekommen!
Warst du in Schweden schon Second Hand shoppen? Kannst du ein Geschäft besonders empfehlen oder hast du generell Anmerkungen zu unserem Artikel? Ich freue auf den Austausch mit dir.
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