Du bist gerade am Ausmisten, zum Beispiel weil du einen Umzug in den Camper planst? Falls du zu Weihnachten ungewollte Geschenke bekommen hast, könnte das ein kleiner Rückschlag für deinen Weg zu einem minimalistischen Lebensstil gewesen sein. Hast du etwas geschenkt bekommen, das dir überhaupt nicht gefällt? Was tust du nun damit? Die ungeliebten Geschenke einfach wegschmeißen ist natürlich keine Option!
Weil es das Thema nicht so leicht abgehakt werden kann, und es sich lohnt, nachhaltig – im Sinne von ökologisch und langfristig – eine Lösung zu finden, habe ich eine kleine Artikelreihe vorbereitet. Du erfährst darin, wie du Verständnis für den Schenkenden entwickeln kannst, wie du ungewollte Dinge konkret loswirst und welche Vorkehrungen du für das nächste Jahr treffen kannst, damit du nie wieder Geschenke bekommst, die dir nicht gefallen.
Verständnis ist die Basis für alles. Deshalb teile ich in diesem ersten Artikel meine Gedanken dazu, woher der Drang, etwas schenken zu müssen, kommen könnte. Um herauszufinden, weshalb manche Menschen einfach nicht akzeptieren können, dass sie uns mit unpassenden materiellen Geschenken keinen Gefallen tun, müssen wir versuchen, uns in sie hineinzuversetzen.
Inhalt
Die Motivation des Schenkens
Jeder, der etwas schenkt, meint es doch nur gut.
Davon bin ich überzeugt, aber es hilft mir nicht wirklich weiter, während ich mich über die zehnte Vase ärgere, die ich von meiner Großtante überreicht bekomme. Deshalb möchte ich der Motivation des Schenkens etwas genauer auf den Grund gehen.
Ich glaube, dass Schenken bei jedem von uns mehr oder weniger egoistisch motiviert ist. Das trifft auch auf die meisten anderen unserer Handlungen zu und ist nicht unbedingt schlecht. Schenken kann bestimmt auch andere Motivationsgründe haben, aber in den meisten Fällen meine ich, egoistisches Handeln erkennen zu können. Wie komme ich darauf?
Ich denke, viele von euch kennen die Freude darüber, wenn wir jemandem anders ein Geschenk überreichen. Anderen etwas zu schenken, gibt uns ein gutes Gefühl. Sei es, weil ich dadurch zeigen kann, wie gut ich die Bedürfnisse des anderen verstehe, oder einfach, dass ich finanziell in der Lage bin, etwas abzugeben. Vielleicht ist es auch meine Art zu zeigen, was mir selbst gerade beschäftigt. Wenn ich zum Beispiel ein fantastisches Buch gelesen habe, das mir in meiner Lebenssituation gerade super weiterhilft, dann schenke ich dieses auch gerne weiter. Jede Motivation, die uns zum Schenken anregt, ist berechtigt und ein wichtiger Baustein für eine gesunde Beziehung.
Geschenke stärken Beziehungen – auch wenn oder gerade weil sie egoistisch motiviert sind. Sie sind ein Weg der Kommunikation. Wenn ich ein Geschenk erhalte und die Hintergründe des Gegenübers nachvollziehen kann, dann ist das eine Möglichkeit, um ihn besser kennenzulernen – ganz egal, ob mir das Geschenk selbst gefällt oder nicht.
Tradition ad absurdum: Weihnachtliche Schenk-Motivation
Wieso funktioniert das aber ausgerechnet an Weihnachten nicht? Wieso bekommen wir zum Fest der Liebe Geschenke, die es uns schwer machen, durch sie die Motivation des anderen kennenzulernen?
Dass man zu Weihnachten Geschenke austauscht, hat eine lange Tradition. Aber dieser Überkonsum, der aus der Weihnachtszeit ein Milliardengeschäft macht, der ist noch relativ neu. Trotzdem ist er für viele Menschen nicht mehr wegzudenken. Geschenke werden immer mehr, immer größer und immer teurer. Es scheint irgendwie überhaupt nicht mehr um die eigentliche Idee des Schenkens zu gehen. Vielmehr ist der jährliche Shoppingstress zu einer Gewohnheit geworden. Geschenke sind ein Statement geworden und mutieren zu einer Art Währung für Beziehungen.
Welcher Preis für ein Geschenk ist angemessen? Hat das Geschenk für meine Schwester den gleichen Wert wie das, was sie mir letztes Jahr schenkte? Darf mein Geschenk mehr oder weniger kosten? Aber wer mir nichts schenkt, dem schenke ich natürlich auch nichts. Es soll Menschen geben, die führen genauestens Buch darüber, wer ihnen was zu welchem Anlass geschenkt hat.
Gesellschaftliche Erwartungen an unsere Weihnachtsgeschenke
Die Werbung lässt uns glauben, dass die Bescherung fester Bestandteil eines gelungenen Weihnachtsfests ist. Das sorgt dafür, dass das Schenken an Weihnachten nicht aus einer intrinsischen Motivation geschieht. Das Außen erwartet von mir, allen meinem Liebsten pünktlich zu Weihnachten ein Geschenk zu überreichen. Dabei darf es nicht irgendein Geschenk sein, sondern es soll schon etwas besonders Herausragendes sein. Schließlich soll mein Geschenk ja in der Menge der anderen Geschenke herausstechen.
Zum Glück unterstützen uns viele Shops – online wie offline – bei der Auswahl der passenden Geschenke. Es gibt Geschenke für Männer, Geschenke für Frauen, Geschenke für Kinder. Geschenke bis 20 €, Geschenke bis 100 €, Geschenke ab 100 €. Ein passendes Geschenk zu finden, sollte somit zum Kinderspiel werden – oder?
Die weihnachtliche Bescherung ist so gezeichnet von gesellschaftlichen Erwartungen, dass sie eigentlich nichts mehr mit dem eigentlichen Zweck des Schenkens, nämlich der Wertschätzung, zu tun hat. Zu Weihnachten schenken wir, weil die Werbung es uns weismacht. Weil es von uns erwartet wird. Weil wir es schon immer so gemacht haben.
Die Ursachen für unpassende Geschenke
So gesehen ist es doch kein Wunder, dass viele Weihnachtsgeschenke nicht wirklich passen. Es geht gar nicht darum, etwas Persönliches zu schenken, sondern der gesellschaftlichen Norm zu entsprechen. Beim Familienessen erzähle ich pflichtbewusst davon, dass ich von meiner Großmutter einen besonders wertvollen Ring geschenkt bekommen habe und dass mein Cousin mir nur einen abgelaufenen Schokoriegel überreicht hat. Dass ich meine Geschenke anhand ihres finanziellen Werts bewerte, entspricht – zumindest ist das meine Wahrnehmung – der allgemeinen Erwartung. Dass ich aber eigentlich keinen Schmuck trage, Lebensmittelrettung toll finde und Schokolade liebe, fließt in die Bewertung der Weihnachtsgeschenke eher selten mit ein – oder geht das nur mir so?
Ich würde deswegen behaupten, dass die Ursache für ein unpassendes Geschenk meistens darin liegt, dass die Person der gesellschaftlichen Erwartung unterlag. Sie fühlte sich zum Schenken gezwungen, obwohl sie gerade vielleicht einfach nicht den Kopf dafür frei hatte, um sich etwas passendes zu überlegen. Sie schenkt lieber irgendetwas als gar nichts.
Geschenke als Spiegel für die Beziehung
Wenn es aber jedes Jahr die gleiche Person ist, von der man etwas geschenkt bekommt, das man nicht gebrauchen kann, steckt vielleicht etwas anderes dahinter. Wie ist deine Beziehung zu dieser Person? Geschenke sind ein ganz guter Spiegel für eure Beziehung und dafür, wie die andere Person dich wahrnimmt. Denn in den meisten Fällen geht der Schenkende davon aus, dass das Geschenk dir gefallen wird. Wenn es das nicht tut, könnte das ein Zeichen dafür sein, dass er dich einfach nicht so gut kennt.
Woran liegt das? Es könnte sein, dass du dich dieser Person gegenüber nicht wirklich öffnest. Gerade im Verwandtenkreis kennen es bestimmt viele, dass man bei den Familienfeiern über alles mögliche redet, aber sich keine wirkliche Gelegenheit bietet, um sich über persönliche Themen auszutauschen. Nur weil man jemanden von klein auf kennt, heißt das nicht unbedingt, dass man sich über die gegenseitigen Interessen, Werte und Ziele austauscht.
Es kann aber auch sein, dass ihr einfach unterschiedliche Wahrheiten lebt. Wenn du grundsätzlich materielle Geschenke ablehnst, dann kann das zum Beispiel für Menschen aus der Kriegsgeneration schwer nachzuvollziehen sein. In der Kriegs- und Nachkriegszeit war Minimalismus kein freiwillig gewählter Lebensstil. Materieller Besitz war ein Zeichen des Wohlstandes und des Wiederaufbaus und wohl irgendwie auch eine Hoffnung auf ein besseres Leben. Ein freiwilliger Verzicht darauf ist deshalb eventuell schwer zu verstehen. Wer die Geschichte und prägenden Erfahrungen des Schenkenden kennt und berücksichtigt, dem wird es leichter fallen, Verständnis mit ihm zu haben.
Wieso bekommt man Geschenke, die man nicht haben möchte?
Ich habe für mich folgende Antwort gefunden: Unpassende Geschenke können unterschiedliche Gründe haben. Bei Menschen, die wir nicht gut kennen, sind diese am häufigsten. Indem wir dafür sorgen, dass sie uns besser kennenlernen und unsere Beziehung tiefer wird, können wir das ganz einfach vermeiden.
Unpassende Geschenke sind aber auch bei Personen, denen wir nahestehen, nicht ausgeschlossen. Vielleicht liegt es dann nur am Stress, der durch die gesellschaftlichen Erwartungen entsteht. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sie eine andere Wahrheit leben als wir. Bei der Geschenkwahl passiert es schnell, dass man von sich selbst auf andere schließt – und es damit immer nur gut meint. Deshalb bringt es in diesen Fällen nichts, auf ungewollte Geschenke mit Belehrung oder Gereiztheit zu reagieren. Wir können einfach akzeptieren, dass wir durch das Annahmen und Bedanken für das Geschenk den Gegenüber glücklich machen. Wie man die Geschenke dann nachhaltig loswerden kann, das erfährst du in Teil 2.