Welpe und Wohnmobil

Ein Welpe, eine Hochzeit und ein neues Wohnmobil

Mein letzter Reisebericht endete damit, dass ich gespannt sei, was uns in Montenegro erwarten würde. Tja, genau einen Tag später wusste ich es bereits. Aber der Reihe nach:

Ein abenteuerlicher Campingplatz in Montenegro

Wir folgten der Muraca weiter flussaufwärts, Richtung montenegrinisches Hinterland. Eine gut ausgebaute Panoramastraße schlängelte sich neben dem türkisblauen Fluss durch immer höher werdende Berge. Immer wieder führte die Straße durch stockdunkle Tunnel, nur um kurz darauf wieder den Blick auf die atemberaubende Aussicht freizugeben.

Ohne Ziel verfolgten wir die Straße und hielten irgendwann am Straßenrand, um uns zu orientieren. In dieser Umgebung einen Platz für die Nacht zu finden, war gar nicht so leicht. Rechts befand sich der Fluss, links führten nur wenige, abenteuerlich aussehende Wege in die Berge. Ein älterer Mann bremste seinen Lada neben uns. Er begrüßte uns auf Deutsch und lud uns auf seinen Campingplatz direkt um die Ecke ein. „Kommen wir da mit unserem großen Wohnmobil hin?“, fragten wir vorsichtig. Das sei kein Problem, die Straße sei asphaltiert. Na wunderbar!

Wir folgten also seiner Wegbeschreibung und bogen hinter der Brücke auf einen schmalen Weg. Hier wären wir niemals eingebogen, wenn wir nicht gewusst hätten, dass sich an dessen Ende ein Campingplatz befinden würde. Der freundliche Mann sollte Recht behalten: Der Weg war asphaltiert. Was er aber vergessen hatte zu erwähnen: Der Weg war schmal, steil und kurvenreich! Es gab auf zwei Kilometern Strecke keine einzige Ausweichmöglichkeit. Wäre uns auch nur ein Mofa entgegengekommen, wir wären erledigt gewesen. Schweißgebadet erreichten wir die Zufahrt zum sogenannten Campingplatz. Dieser stellte sich als eine einfache Wiese neben einem 200 Jahre alten Hof heraus. Wir hätten den Platz geliebt, hätte uns seine Zufahrt nicht aufgehalten: Auf einem unbefestigten Weg ging es steil bergab. Niemals wären wir dort wieder hochgekommen. Wir stellten uns also neben die Straße und erkundeten erst mal die Umgebung.

Campingplatz Montenegro
Panorama Montenegro
Montenegro wandern
Montenegro

Ein flauschiges Findelkind

Schnell stellte sich heraus, dass die Straße zwar an diesem Hof für nicht-geländegängige Fahrzeuge endete. Sie wurde zu einem unbefestigten Weg, der tief in einen Canyon führte. Die Wanderroute, die wir uns herausgesucht hatten, mussten wir jedoch frühzeitig beenden. Ein Hochwasser hatte die Brücke, die über den Fluss führte, komplett weggeschwemmt. Auf unserem Rückweg wurden wir hinter einer Kurve plötzlich angebellt. Im Dickicht entdeckten wir einen kleinen Welpen, der mutig sein Revier verteidigte. Außer uns war niemand dort, der nächste Hof ein ganzes Stück entfernt. Wir beobachteten ihn eine Weile und fragten auch die Fahrer eines vorbeifahrenden Autos, aber sie kannten den Kleinen nicht. Wir klemmten uns den Zwerg unter den Arm und trugen ihn bis zu unserem Wohnmobil. Vielleicht wusste der Campingplatzbetreiber mehr.

Leider konnte er uns nicht helfen. In dieser Gegend wohnen nur eine Handvoll Menschen und es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass Welpen in dieser verlassenen Sackgasse ausgesetzt werden. Er goss uns daraufhin einen selbstgebrannten Schnaps ein und wir quatschten ein bisschen. Anschließend versuchten wir, das süße Fellknäul von Zecken, Flöhen und anderen Krabbeltierchen, die sich bereits bei ihn eingenistet hatten, zu befreien. Für die Nacht richteten wir dem Kleinen einen Schlafplatz unter unserem Tisch ein. Den nächsten Tag verbrachten wir damit, einige Tierschutzorganisationen zu kontaktieren. Das stellte sich als gar nicht so einfach heraus. Wir sprachen mit einer sehr hilfsbereiten Frau, die allerdings von Deutschland aus die Organisation koordinierte und vor Ort niemanden erreichen konnte. Sie empfahl uns einen Tierarzt in der Hauptstadt Podgorica, wo wir den Welpen am darauffolgenden Tag hinbrachten.

Welpen-Erstversorgung in Montenegro

Die Tierarzt-Situation in Montenegro stellte sich als genauso kompliziert heraus wie die des Tierschutzes. Wir telefonierten uns die Ohren wund und erreichten am Ende des Tages nur, dass unser Findelkind von einem groben Tierpfleger mit Insektengift eingesprüht wurde und eine Anti-Wurm-Tablette in den Rachen gedrückt bekam. Auf einem Wohnmobil-Stellplatz wuschen wir die verlausten Laken und kämmten geduldig abgestorbene Insekten aus dem Fell. Inzwischen war uns allen dreien klar, dass wir den Welpen nicht einfach beim nächsten Zwinger abgeben würden. Wir tauften ihn Vesko, nach dem netten Mann mit dem Campingplatz, wir aßen, kuschelten und spielten den ganzen Tag miteinander. Vesko taute mit jedem Tag mehr auf und folgte uns auf Schritt und Tritt.

Nach einigen Gesprächen mit der Tierschutzorganisation, übrigens der einzigen, die sich zurückmeldete, entschieden wir, dass Vesko nicht in Montenegro bleiben sollte. Wir fanden sowohl eine Familie in Deutschland, die Vesko aufnehmen wollte, als auch eine tolle Tierhilfe im Norden Kroatiens, bei der er bleiben könnte, bis er alt genug für die notwendigen Impfungen und die Einreise nach Deutschland ist.

Eigentlich hatten wir nicht geplant, so schnell nach Kroatien zu fahren. Wir wollten Montenegro erkunden und die Nationalparks Kroatiens besuchen. Doch vor allem wollten wir, dass es Vesko gut geht und er endlich von einem Tierarzt richtig durchgecheckt werden könnte. Somit bestanden die folgenden zwei Wochen aus Füttern, Gassi gehen, dem Einlesen in die für uns komplett unbekannte Welt der Welpenerziehung und langen Tagesetappen Richtung Istrien.

Es war eine schöne Zeit, aber sie war auch anstrengend. Auf vieles mussten wir verzichten und jeder Tag erforderte Konzentration und auch starke Nerven. Doch am Ende jedes Tages schlief Vesko zufrieden auf unserem Schoß ein und wir hatten eine ganze Menge über Erziehung und über uns selbst gelernt.

Eine besondere Hochzeitseinladung

Kurz bevor wir Montenegro verließen, lernten wir Alex und Sveta kennen. Die beiden fuhren mit ihrem Bus gerade von dem Parkplatz in Kotor, als wir ankamen. Sie warnten uns, dass man hier nicht übernachten dürften. Fast hätten sie eine Strafe bekommen, aber die Polizei drückte ein Auge zu, weil sie nämlich wegen ihrer Hochzeitsvorbereitungen länger in der Stadt sein mussten. „Wir heiraten am Montag um 12 Uhr im Kulturzentrum, kommt gerne vorbei!“, sagten sie spontan. 

Wir waren neugierig und so saßen wir drei Tage später in unseren besten Klamotten im Trausaal. Außer uns und dem Brautpaar waren zwei Beamte, eine Dolmetscherin, ein Bekannter sowie die Svetas Eltern anwesend, die extra aus Moskau angereist waren. Die kleine Hochzeitsgesellschaft wurde durch eine Zoom-Session um ungefähr 30 Gäste erweitert, die am Laptop die Hochzeit verfolgen konnten. 

Von der Trauung selbst verstanden wir kein Wort, sie wurde nur auf Russisch übersetzt. Aber die Freude der beiden über ihre spontane Hochzeit war ihnen ins Gesicht geschrieben. Nach der Trauung stoßen wir noch gemeinsam an und dann ging es für uns auch schon über die kroatische Grenze.

Welpentransport durch Kroatien

Kroatien durchfuhren wir im Laufschritt. Wir fuhren immer entlang der wunderschönen Küste und erreichten innerhalb einer knappen Woche die Tierschutzorganisation. Unsere Sorgen, wie es Vesko dort wohl gehen würde, lösten sich innerhalb kürzester Zeit in Luft auf. Er wurde von der Frau, die sich dort größtenteils alleine um die Tiere kümmert, herzlich empfangen und tobte sofort mit seinen neuen Spielkameraden über das weitläufige Gelände. Hier ist er in guten Händen, bis er dann zu seiner neuen Familie reisen darf.

Wir blieben noch zwei Tage in Istrien, doch so richtig in Entdeckungs-Laune waren wir nicht mehr. In Deutschland wartete eine Menge Arbeit auf uns und je früher wir dort waren, desto schneller können wir unsere ToDos abhaken. Wir verließen dieses Land, von dem wir viel zu wenig gesehen und trotzdem eine unvergessliche Erfahrung gemacht haben. Nach einer Übernachtung in Italien waren wir ganz plötzlich in Deutschland angekommen.

Unser Umzug in ein neues Wohnmobil

In den letzten zwei Wochen ging es im gleichen Tempo weiter, denn wir haben große Pläne: Wir tauschen unser Reisemobil! Unser Schüttelbert wird verkauft und wir kaufen einen anderen Camper für unser neues Projekt – dazu gleich mehr.

Vor dem Verkauf wollten wir unbedingt noch die Oldtimer-Zulassung für unseren gerade 30 Jahre alt gewordenen Hymer besorgen. Wir fuhren zu Kai ins Saarland, einem Mechaniker, der sich von der langen Leidensgeschichte unseres Wohnmobils nicht abschrecken ließ. Und das anscheinend zurecht: Dank unserer zahlreichen Reparaturen in den letzten Monaten bestand unser Hymer den TÜV und die Oldtimer-Abnahme auf Anhieb. Ein paar Kleinigkeiten haben wir mit Kai‘s Hilfe in den letzten Tagen noch repariert und verbessert und jetzt ist unser mobiles Zuhause der letzten zwei Jahre bereit für seine neuen Besitzer*innen.

Das einzige, was noch fehlt, ist unser neues Zuhause. Denn solange wir noch im Schüttelbert wohnen, können wir ihn schließlich nicht verkaufen. Aber auch da hat sich in den letzten Tagen schon einiges getan! Nach zwei eher abschreckenden Probefahrten haben wir vorgestern einen Sprinter mit Postkoffer gekauft. Sobald er zugelassen ist, werden wir dort einziehen. Wieso das Ganze? Das ist unser Plan:

Der Upcycling Camper

Wir haben in den letzten Wochen eine Projektidee ausgetüftelt, die schon länger in unseren Köpfen schwirrte: Wir bauen einen Camper aus Müll! Mit Müll meinen wir nichts Ekliges und Stinkiges, sondern Ressourcen, in denen andere Menschen keinen Wert mehr erkennen. Es geht also um vermeintlichen Müll, der viel zu schade ist zum Wegschmeißen. Es geht um Upcycling.

Die Baumaterialien für unseren Camper möchten wir auf Reisen einsammeln. Wir ziehen also in unseren neuen Postkoffer ein, den wir nur mit dem Allernötigsten ausstatten. Alles andere finden und bauen wir dann unterwegs, so wie die Materialien eben gerade zu uns kommen.

Wenn du jetzt die Stirn runzelst und meiner groben Beschreibung nicht so recht folgen kannst, dann besuche gerne mal die Website für unser neues Projekt: www.the-upcycling-camper.de

Demnächst wird es hier auf Leise Reise auch einen Artikel über Upcycling geben, das lässt sich auf Reisen mit dem Wohnmobil nämlich besonders gut umsetzen.

Unterstützt werden wir bei dem Upcycling Camper von Diana und Phillip, zwei lieben Menschen, die uns mit ihrem eigenen Camper begleiten werden. Die beiden sind richtig gut darin, hübschen Müll zu finden und diesen kreativ aufzuarbeiten. Wenn auch du Lust hast, Teil von unserem Projekt zu werden, dann kannst du hier erfahren, wie du uns unterstützen kannst: Unterstützung für den Upcycling Camper

Was für ein Monat

Die letzten vier Wochen waren die wohl ereignisreichste Zeit unserer bisherigen Reise. So viel Trubel sind wir definitiv nicht gewöhnt. Wir spüren auch, wie wir dringend eine kleine Pause brauchen, bevor unser neues Projekt richtig losgeht. Heute haben wir uns um die Versicherung und die Zulassung unseres Upcycling Campers gekümmert. Natürlich haben wir noch tausend ungeklärte Punkte, die wir vor dem Umzug in eine leeres Postauto beachten sollten. Bevor es so weit ist, gönnen wir uns aber ein bisschen Ruhe und erkunden das schöne Saarland.

Für mehr Einblicke in unseren Reisealltag kannst du gerne auf unserem Instagram Account @schuettelberts_reisen vorbeischauen.

Unsere Route von Montenegro nach Deutschland